Sprungbrett Praktikum – als Mitarbeiter & Kollege integriert

Azubi-News 31.03.2015
Gabriela König CEO

Gelungene Inklusion bei König & Meyer

Sie sind optisch kaum auseinander zu halten- die Zwillinge Erik und Marc Freudenberger. Da ist es kaum verwunderlich, dass sie auch beruflich gleiche Interessen haben. Beide arbeiten im Lager- und Versandbereich, Erik bei der Firma Brand GmbH & Co. KG und Marc bei der Firma König & Meyer GmbH & Co. KG in Wertheim, nur über die Straße getrennt.


Beide sind bei ihrer Arbeit engagiert und zuverlässig, ihre Kollegen mögen sie. Und das selbst verdiente Geld gibt ein gutes Gefühl. Ganz normal für 20-jährige junge Männer.
Doch so ganz selbstverständlich ist das nicht. Denn Erik und Marc sind seit ihrer Geburt geistig behindert.

Mit großem Sachverstand führt Erik durch das Lager und erklärt, welche Arbeiten an den jeweiligen Plätzen erledigt werden und welche Vorschriften zu beachten sind. Er hat zwar seinen festen Platz, an dem er Ware sortiert, verpackt und etikettiert, doch zu seinen Aufgaben gehört auch der innerbetriebliche Transport der Ware sowie die Mithilfe beim Be- und Entladen. „Er arbeitet sehr gewissenhaft und ist immer zur Stelle, wenn Hilfe gebraucht wird“, lobt Alexander Rudelgast, Bereichsleiter Lager -Versand bei der Firma BRAND.
Voll des Lobes ist auch Sebastian Sturm, Personalleiter der Firma König & Meyer. Mit dem Stapler bringt Marc große Kisten und Paletten an ihren Platz. Selbständig erledigt er seine Aufgaben im Wareneingang, in der Montage und in der Kartonagenhalle.
„Schule war schon ok, aber arbeiten ist viel besser“, finden Marc und Erik.

 

Nach der Kindergartenzeit in Waldenhausen besuchten sie die Schule für Geistigbehinderte in Unterbalbach. Anschließend zwei Jahre die Berufsvorbereitende Einrichtung (BVE) in Bad Mergentheim. Das Ziel der BVE ist, junge Menschen mit individuellem Förderbedarf in den Arbeitsmarkt zu integrieren und auf eine möglichst selbständige Lebensführung vorzubereiten. Das Sprungbrett in die Arbeitswelt heißt Praktikum. Dass die Schüler geeignete Praktika finden, die zu ihren Begabungen und Interessen passen, ist nicht immer einfach“, weiß Rosemarie Radke, Fachberaterin beim Integrationsdienst (IFD) Heilbronn-Franken.  „Bei manchen Firmen muss man sehr dicke Bretter bohren, damit sie sich auf die Jugendlichen einlassen“, so Radke.

 

Hinter der Beschäftigung von Menschen mit Einschränkungen stehen tragende Säulen und ein festes Netzwerk aus eingespielten Partnern. Eine Hauptsäule ist die Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim, die die Eingliederung von Menschen mit Behinderung mit einem großen Leistungsspektrum unterstützt: Umfassende Beratung von Ratsuchenden, deren Familien und Arbeitgebern, Umsetzung individueller technischer Lösungen und umfassende finanzielle Förderprogramme. Eine weitere Säule ist der Integrationsfachdienst (IFD), der die Leistungen der Arbeitsagentur bei Bedarf ergänzt und weiterführt.
Dicke Bretter mussten bei den beiden Wertheimer Firmen nicht durchbohrt werden, wenngleich es Unsicherheiten vor Beginn der Praktika gab. Aber es lief bei beiden Brüdern so gut, dass das Praktikum erst verlängert wurde und beide inzwischen „ganz normal“ beschäftigt sind. Die Kollegen wurden von Anfang an mit einbezogen. Das sei wichtig, denn neben einem Ansprechpartner, der da ist, wenn es mal Probleme oder Fragen geben sollte, braucht es die zusätzliche Unterstützung durch die direkten Arbeitskollegen. Sowohl Erik als auch Marc haben sich gut im Team eingefunden. „Die Mannschaft steht voll dahinter“, bringt es Eriks Kollegin Karin Walter auf den Punkt. Auch bei privaten Unternehmungen wie einer Fahrradtour oder einem Wochenendausflug hat Marc teilgenommen, was wieder ein Stück Selbständigkeit und Selbstvertrauen mit sich bringt.
Die Beschäftigung von Menschen mit höherem Unterstützungsbedarf ist ein offener, fortlaufender Prozess, der aber betriebswirtschaftlichem Denken nicht entgegensteht – davon sind beide Firmen überzeugt. „Und wir werden immer wieder positiv überrascht, was alles möglich ist“, erklärt Michael Roth, Logistikleiter bei König & Meyer. Nachdem nun Erik und Marc beide ihren Staplerschein geschafft haben, wäre es nicht verwunderlich, wenn es nicht bald ein neues Ziel geben würde, das sie in Angriff nehmen wollen. Und dieses mit Unterstützung von Familie, Firma, Arbeitsagentur und Integrationsdienst auch erreichen könnten.

Firmen, die Behinderte beschäftigen oder einen Praktikumsplatz zur Verfügung stellen möchten, können sich umfassend beraten lassen. Interessierte Firmen und deren Personalentscheider können sich bei der Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim an Elke Endres wenden unter 09341/87-142 oder per E-Mail an
Tauberbischofsheim.Reha-Vermittlung@arbeitsagentur.de oder an Ihre direkten Ansprechpartner im Arbeitgeber-Service.

 

31.März 2015 – Wichtiger Termin für Arbeitgeber:

Fünf Prozent der Arbeitsplätze in einem Unternehmen sind mit Schwerbehinderten zu besetzen. Erfüllt ein Unternehmen diese Quote nicht, muss es ab einer Größe von 20 Arbeitsplätzen eine Ausgleichsabgabe an das zuständige Integrationsamt leisten. Diese Ausgleichsabgabe wird für die Inklusion Behinderter im Arbeitsleben verwendet. Firmen, die ihrer Meldepflicht von Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen noch nicht nachgekommen sind, können dies noch bis zum 31. März 2015 nachholen. Eine Fristverlängerung ist nicht möglich. Erfolgt die Meldung zu spät oder unvollständig, kann dies ein Bußgeld nach sich ziehen. Fragen rund um das Anzeigeverfahren werden wochentags von 09.30 bis 11.30 Uhr unter der Telefonnummer 0721 823 70066 beantwortet


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